Am 20. April 2018 fand das III Seminar der Experten für Europäisches Zivil- und Zivilverfahrensrecht an der Universität Breslau statt. An dieser Veranstaltung haben die eingeladenen Wissenschaftler, Richtern sowie Rechtsanwälte teilgenommen. Unsere polnische Rechtsanwaltskanzlei wurde von Herrn Kollege Majewski vertreten, der ein Vortrag über Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen gehalten hat. Wir haben unsere praktischen Erfahrungen betreffend die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen mit den Kollegen getauscht. Insbesondere, wie die Umsetzung der Verordnung über Europäischer Vollstreckungstitel aus unserer alltäglichen anwaltlichen Praxis aussieht. Als eine polnische Rechtsanwaltskanzlei beschäftigen wir uns für unsere deutschen Mandanten vor allem mit der Beseitigung des Europäischen Vollstreckungstitels. In diesem Bereich haben wir schon eine große Erfahrung gesammelt. In jedem Fall haben wir bisher geschafft, die Erteilung der Bestätigung des Europäischen Vollstreckungstitels wirksam anzufechten.

Wir sind der Meinung, dass allein die Anfechtung eines Europäischen Vollstreckungstitels keine gute Idee ist. Parallel zur Anfechtung eines Europäischen Vollstreckungstitels sollte man gegen Versäumnisurteil des polnischen Gerichts oder Mahnbeschein einen Wiederspruch fristgemäß einlegen. Die Hauptprobleme mit dem Europäischen Vollstreckungstitel ergeben sich aus den grenzüberschreitenden Zustellungen der gerichtlichen Korrespondenz. Die Zustellungen können viele Monaten in Anspruch nehmen. In diesem Zeitraum wachsen die gesetzlichen Zinsen. Es ist zu beachten, dass die gesetzlichen Zinsen höher in Polen als in Deutschland sind. Wenn man die Korrespondenz vom polnischen Gericht erhielt, sollte man überlegen, ob es vielleicht besser ist, sich mit einem polnischen Anwalt sofort in Verbindung setzen, anstatt die Annahme der Korrespondenz zu verweigern und die Übersetzung der Korrespondenz vom Gericht auf Deutsch aufzufordern. Dadurch riskiert man die Entstehung der Übersetzungskosten und Vergrößerung der Zinsen. Die Beauftragung der Übersetzung verzögert wiederum die Zustellung.

In diesem Beitrag wollen wir auf eine interessante Entscheidung des polnischen Oberlandesgerichts Bialystok vom 25. Januar 2018 (Urteil des Sad Apelacyjny w Bialymstoku vom 25. Januar 2018, Az.: I AGa 27/18, LEX Nr. 2453719) aufmerksam machen. Diese Entscheidung zeigt eine große Fähigkeit des Gerichts zur Lösung der gesellschaftsrechtlichen Probleme. Trotz einer tiefen Auseinandersetzung hat das Gericht das Bestehen der GmbH-Gesellschaft aufrechter gehalten.

Das Gericht hat sich mit dem folgenden Sachverhalt befasst. Die Minderheitsgesellschafter beantragten die Auflösung der GmbH-Gesellschaft. Sie begründeten die Klage damit, dass der Gesellschaftszweck entfallen ist. Die Gesellschaft macht hohe Verluste und die Gesellschafter geriet miteinander in Konflikt. Die verklagte Gesellschaft beantragte dagegen, die Klage abzuweisen, da die Minderheitsgesellschafter die Mehrheitsgesellschafter durch Erhebung der Klage auf Auflösung der Gesellschaft zur Auszahlung einer hohen Abfindung zwingen wollen.

Laut Art. 271 Pkt. 1 des polnischen Gesetzbuchs über Handelsgesellschaften kann das Gericht die Auflösung der Gesellschaft auf Verlangen eines Gesellschafters oder eines Organmitglieds der Gesellschaft aussprechen, wenn die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich ist oder sich andere wichtige Gründe, die durch das Gesellschaftsverhältnis hervorgerufen worden sind, ergeben.

Vor kurzem hat das Oberlandesgericht Bialystok (Sad Apelacyjny w Bialymstoku) eine interessante Entscheidung betreffend die Frage der Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers in Polen getroffen. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen die Leitsätze dieser Entscheidung darstellen.

Die GmbH-Geschäftsführern müssen darauf achten, dass sie ordentlich entlastet werden. Nicht selten beschäftigen die deutschen Inhaber der polnischen Gesellschaften die deutschen GmbH-Geschäftsführer. Aus verschiedenen Gründen kann sich die Einstellung des deutschen Geschäftsführers in Polen vor dem Ablauf des Geschäftsjahres beenden. In einem solchen Fall verliert der Geschäftsführer den Einfluss auf die zukünftigen Ereignisse in der Gesellschaft. Die Frage der Entlastung kann auch für die deutschen Minderheitsgesellschafter, die gleichzeitig Geschäftsführers sind, von der großen Bedeutung sein.

Laut Art. 231 § 2 Pkt. 3 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften (Kodeks spolek handlowych) stellt die Erteilung der Entlastung den Mitgliedern eines Gesellschaftsorgans den Gegenstand einer ordentlichen Gesellschafterversammlung dar. Nach Art. 231 § 1 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften soll eine ordentliche Gesellschafterversammlung innerhalb von 6 Monaten nach dem Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres stattfinden.

Die oben erwähnte Entscheidung des Oberlandesgerichts Bialystok betrifft den Fall, wenn die Gesellschafter einer polnischen GmbH (spolka z o.o.) einem ehemaligen Gesellschafter, der zugleich der Geschäftsführer war, die Entlastung nicht erteilt haben. Der ehemalige Geschäftsführer hat den Gesellschafterbeschluss über Nichtentlastung angefochten. Das Oberlandesgericht Bialystok hat jedoch die Beschlussanfechtungsklage abgewiesen, da der ehemalige Geschäftsführer auch als der Gesellschafter zur Beschlussanfechtung nicht berechtigt war, da ihm die Legitimation fehlte.

In dem grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr ergeben sich hauptsächlich zwei Hauptprobleme. Das, was nach dem deutschen Recht zulässig und wirksam ist, muss nicht unbedingt wirksam und zulässig in Polen sein. Dies betrifft u.a. eine Abrede über Vertragsstrafe. Bedauerlicherweise müssen wir feststellen, dass eine Abrede über Vertragsstrafe ohne gleichzeitige Rechtswahl des deutschen Rechts in Polen oft unwirksam ist. Ein zweites Problem betrifft den Versuch der Übertragung einer in Deutschland mit einem anderen deutschen Vertragspartner vereinbarten Konventionalstrafe auf einen polnischen Geschäftspartner. Man vergisst, dass eine Vertragsstrafe ausdrücklich vereinbart werden muss. Ohne entsprechende Vereinbarung darf eine Konventionalstrafe von einem anderen Vertragspartner eventuell als Schadensersatz geltend gemacht werden.

Nach polnischem Recht steht dem Gläubiger eine Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung oder einer schlechten Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung unabhängig von der Schadenshöhe (Art. 484ff des polnischen Zivilgesetzesbuches). Eine Vertragsstrafe muss zwischen den Parteien wirksam vereinbart werden. Hinsichtlich der Wirksamkeit einer Vertragsstrafe gibt es eine umfassende Rechtsprechung in Polen. Aus diesem Grund sollte eine Abrede über Vertragsstrafe von einem polnischen Rechtsanwalt geprüft werden.