In diesem Beitrag möchte ich meine Erfahrungen über der Vollstreckung aus Europäischem Zahlungsbefehl in Polen darstellen.

Seit einigen Jahren gilt die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens. Die obige Verordnung hat den Europäischen Zahlungsbefehl eingeführt.

Laut Art. 19 EuMVVO wird der im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar gewordene Europäische Zahlungsbefehl in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass seine Anerkennung angefochten werden kann.

Aus meiner Erfahrung ergibt sich, dass die Zwangsvollstreckung aus Europäischem Zahlungsbefehl sehr gut vorbereitet sein sollte, damit man schnell ans Ziel kommt. Nur wenn man sich damit ständig beruflich beschäftigt, ist man im Stande mögliche Fälle vorauszusehen. Ansonsten könnte man von den Gerichtsvollziehern oft unangenehm überrascht werden. Meine Zwangsvollstreckungsaufträge sehen oft wie umfassend begründete Klage aus.

Ein erstes Problem sind die polnischen Buchstaben. In Polen verwendet man u.a. die Buchstaben: ś, ć, ń, ó, ź, ż. Hat man einen Schuldner in Polen, der z. B. Jan Kamiński heiβt, und will man einen Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls in Deutschland stellen, muss man der Schuldner ordentlich als Jan Kamiński in dem Antrag bezeichnen. Die Verwendung der polnischen Buchstaben ist notwendig, auch wenn man keine polnische Tastatur hat. Hat man trotzdem den polnischen Schuldner als Jan Kaminski bezeichnet, wird die Vollstreckung in Polen abgesagt, da die Identität des Schuldners fehlt, auch wenn alle anderen Angaben, wie z.B. Anschrift des Schuldners, ordentlich angegeben sind und eigentlich kein Zweifel besteht, dass es dieselbe Person ist. Dadurch verliert man viele Monate, um den Europäischen Zahlungsbefehl entsprechend zu korrigieren. Es ist bestimmt besser, sich über eine korrekte Bezeichnung des Schuldners schon am Anfang zu kümmern.

Einige Gerichtsvollzieher in Polen fordern von dem Gläubiger die Vorlage der Bescheinigung nach Art. 53 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012. Eine solche Aufforderung ist fehlerhaft. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, dem gewählten Gerichtsvollzieher schon in der Begründung eines Vollstreckungsauftrags darauf hinzuwiesen, dass keine Bescheinigung nach EU-Verordnung Nr. 1215/2012 oder EU-Verordnung Nr. 44/2001 notwendig ist. Ergänzend kann man sich auf ein maßgebliches Urteil des polnischen Gerichts berufen, um die etwaigen Zweifeln des Gerichtsvollziehers zu zerstreuen. Ich berufe mich z.B. auf den Beschluss des Sąd Okręgowy in Nowy Sącz vom 8. Juni 2016 (Aktz. I Co 108/16).

Dann kommt die Frage der Vorlage einer vereidigten Übersetzung. Die Gerichtsvollzieher in Polen fordern fast in jedem Fall die Vorlage einer vereidigten Übersetzung des Europäischen Zahlungsbefehls. Wenn man die Erfahrung mit dem Europäischen Zahlungsbefehl hat, weiß man, dass nicht nur ein Europäischer Zahlungsbefehl übersetzt werden muss, sondern auch Vollstreckbarerklärung und Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls. Dies bedeutet die Kosten der Übersetzung in Höhe von EUR 150 bis 200 netto, wenn man damit einen polnischen vereidigten Übersetzer beauftragen will. Wenn man einen Betrag in Höhe von EUR 500 zu vollstrecken hat, sind das schon die erheblichen Kosten.

Um die etwaigen Zweifeln zu vermeiden, ob man die Kosten der Übersetzung als Vollstreckungskosten geltend machen kann, stelle ich im Rahmen des Vollstreckungsauftrag den Antrag an Gerichtsvollzieher, dass er selbst eine vereidigte Übersetzung veranlassen sollte, falls er diese überhaupt für notwendig hält. Ich erkläre dann die Bereitschaft zur Zahlung des Vorschusses.

Wenn es sich jedoch um größere Summe handeln würde und zusätzlich das Gefahr besteht, dass der Schuldner sein Vermögen verstecken wird, dann würde ich eine vereidigte Übersetzung selbst beauftragen, auch wenn die Kosten der Übersetzung später separat verklagt werden müssen. Dadurch wird die Zwangsvollstreckung beschleunigt.

Eine letzte Frage betrifft die Apostille. Einige polnischen Gerichtsvollzieher fordern die Vorlage des Europäischen Zahlungsbefehls mit Apostille. Im polnischen Schrifttum vertritt man auch die Auffassung, dass die Apostille notwendig ist. Bei den kleineren Beträgen könnte man versuchen, sich diese Ausgabe zu sparen. Wenn es sich jedoch um größere Summe handeln und die Zeit spielt eine erhebliche Rolle, sollte man die Apostille besorgen.

Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Dieser Beitrag befasst sich nur ein paar Beispiele der Vollstreckung aus Europäischem Zahlungsbefehl in Polen. Eine effektive und schnelle Zwangsvollstreckung hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. In jedem Fall ist die Einholung des Rates eines erfahrenen Anwalts notwendig. Im Falle der Zwangsvollstreckung in Polen sollte es ein in Polen zugelassenen Rechtsanwalt sein.

Berlin, Posen, Stettin den 25.02.2019
Pawel Majewski, LL.M. (Universität Potsdam)
Polnischer Anwalt / Radca Prawny (Mitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin)