Die Scheidung einer Ehe von aus verschiedenen Ländern stammenden Ehegatten, die auch während ihrer Ehe in verschiedenen Ländern gewohnt haben, kann rechtliche Fragen aufwerfen, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung des anwendbaren Rechts und des zuständigen Gerichts für das Verfahren.

  • Polnisches Recht

Im polnischen Recht ist dies in Artikel 54 des Internationalen Privatrechts geregelt. Demnach unterliegt die Auflösung einer Ehe dem Gewohnheitsrecht der Ehegatten zum Zeitpunkt des Antrags auf Auflösung der Ehe. In Ermangelung eines gemeinsamen Eherechts der Ehegatten ist das Recht des Staates anwendbar, in dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt des Antrags auf Auflösung der Ehe ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Wenn die Ehegatten zum Zeitpunkt des Antrags auf Auflösung der Ehe keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben, wird das Recht des Staates angewandt, in dem beide Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, insofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Lässt sich nach diesen Bestimmungen (Artikel 54 Absatz 1 und 2) nicht bestimmen welches Recht anzuwenden ist, gilt für die Auflösung der Ehe das polnische Recht.

Nach der oben genannten Regelung ist folgendes zu prüfen:

  • Unterliegen die beiden Ehegatten der gleichem Gewohnheitsrecht?
  • Haben die Ehegatten zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags ihren Wohnsitz in demselben Land?
  • Im Falle einer Verneinung der obigen Fragen:
  • Hat zumindest einer der Ehegatten (nicht notwendigerweise derjenige, der die Scheidung beantragt) noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Land, in dem das Ehepaar zuvor seinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatte?
  • Wenn nach den oben genannten Regeln das anwendbare Recht nicht bestimmt werden kann, findet das polnisches Recht Anwendung.

Das oben erwähnte Gesetz bezieht sich auf Scheidungsverfahren, die nach dem Inkrafttreten des geltenden Internationalen Privatrechts, d.h. nach dem 16. Mai 2011, stattfinden. Zuvor war das gleichnamige Gesetz vom 12. November 1965 in Kraft. (Artikel 18).

 

  • Internationales Recht

Bei grenzüberschreitenden Beziehungen sollte man jedoch nicht vergessen, internationale Abkommen und Rechtsakte internationaler Organisationen zu berücksichtigen.

Das auf die Auflösung einer Ehe (Scheidung) anwendbare Recht ist in 17 bilateralen internationalen Abkommen festgelegt, die Polen mit zahlreichen Länder abgeschlossen hat. Wenn einer der Ehegatten aus einem der oben genannten Ländern kommt oder sich die Ehegatten vor der Scheidung in einem dieser Länder aufgehalten haben, muss geprüft werden, ob der Inhalt des internationalen Abkommens nicht die Regelung des auf die Scheidung anwendbaren Rechts ändert, das sich aus dem polnischen internationalen Privatrecht oder aus dem nationalen Recht eines fremden Landes ergibt.

Die Anerkennung einer Scheidungsentscheidung, die in einem anderen Land ergangen ist, kann durch das am 1. Juni 1970 in Den Haag ausgearbeitete Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen und Trennungen weiter beeinträchtigt werden.

Natürlich wird die Verordnung Brüssel II Bis (vollständige Bezeichnung: Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L. von 2003, Nr. 338, S. 1, in der geänderten Fassung), die gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a) auch für Ehescheidung, Trennung oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe gilt, ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die EU-Länder haben.

Gemäß Artikel 3 der oben genannten Verordnung Brüssel II Bis sind die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Gerichte Entscheidungen über die Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe treffen, zuständig, wenn:

  1. a) Gewöhnlicher Aufenthalt
  • beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort haben oder
  • die Ehegatten vor kurzem beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
  • die gegnerische Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort hat oder
  • im Falle einer gemeinsamen Aktion oder eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hat oder
  • der Kläger oder Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor Einreichung der Forderung oder des Antrags aufgehalten hat oder
  • der Kläger oder Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Einreichung der Forderung oder des Antrags aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats ist oder, im Falle des Vereinigten Königreichs und Irlands, dort sein "domicile" hat
  1. b) Beide Ehegatten die Staatsangehörigkeit des Landes haben oder, im Falle des Vereinigten Königreichs und Irlands, wenn sie dort ein gemeinsames "domicile" haben.

Der Begriff "domicile" wird für die Zwecke dieser Verordnung durch britisches und irisches Recht bestimmt.

Gemäß Artikel 6 der Verordnung Brüssel II Bis ist die so bestimmte Zuständigkeit abschließend. Nur wenn kein Gericht eines Mitgliedstaats nach den Artikeln 3, 4 und 5 der genannten Verordnung zuständig ist, bestimmt sich die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach seinem eigenen Recht.

Übrigens sei darauf hingewiesen, dass Polen nicht an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (ABl. L 343 vom 29.12.2010, S. 10), genannt Rom III, gebunden ist.

Bei internationalen Ehen kann es sich als kompliziert erweisen, das für eine Scheidung anzuwendende Recht und zuständige Gericht zu bestimmen, aber es ist notwendig, dies vor Stellung des Scheidungsantrags zu tun. Dies kann die Voraussetzungen für die Scheidung, die Pflichten und Rechte der Parteien nach der Scheidung, die Ausübung der elterlichen Gewalt über gemeinsame Kinder und die vermögensrechtlichen Folgen der Trennung der Ehegatten erheblich beeinträchtigen.

Dieser Artikel wurde aus der Perspektive des polnischen Rechts geschrieben. Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Scheidungsfälle mit Auslandsbezug bedürfen einer professionellen Rechtsberatung.

Stettin, Posen, den 17.12.2020

Adwokat Agata Stankiewicz