In welchem Land sollte die Nachfolge des Verstorbenen geregelt werden?

▪ Einführung

Auf europäischer Ebene enthält die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 Regelungen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie über die Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (im Folgenden: Verordnung).

Gemäß Artikel 4 der Verordnung gilt der Grundsatz, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, für die Entscheidung über den gesamten Nachlass zuständig sind. Der Erblasser kann diese Regel ändern, indem er das auf seinen Nachlass anwendbare Recht (z.B. in seinem Testament) bestimmt. Andernfalls, wenn kein Recht gewählt wurde (d.h. keine sogenannte Verwahrungsvereinbarung geschlossen wurde) und der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem EU-Mitgliedstaat hatte, handelt es sich um die sogenannte subsidiäre Zuständigkeit nach Artikel 10 der Verordnung. Es sieht vor, dass die Gerichte folgender Länder auch für die Regelung sämtlicher Erbfälle des Erblassers zuständig sein können:

- deren Staatsangehörigkeit der Verstorbene besaß,

- in dem der Verstorbene bis zu 5 Jahre vor seinem Tod gewohnt hat,

- in dem sich das Vermögen des Verstorbenen befindet

▪ letzter Wohnort des Verstorbenen

Das Wichtigste ist jedoch nach der zitierten EU-Verordnung, den letzten Wohnort des Verstorbenen richtig zu bestimmen. Dieser ist nicht immer eindeutig feststellbar. In der Regel wird der Wohnort mit dem sogenannten Existenzzentrum identifiziert. Um ihn zu bestimmen, ist es notwendig, die letzten Jahre vor dem Tod des Verstorbenen zu analysieren: wo er sich aufgehalten hat und zu welchem Zweck. Doch selbst dann kann es noch schwierig sein, einen Wohnort definitiv anzugeben. Beispielsweise ist dies schwierig bei Prominenten oder älteren Menschen, die einen Teil des Jahres (kälter) in einem wärmeren Land und einen anderen Teil (wärmer) in ihrem Heimatland (Mallorca-Rentner) verbringen. In Bezug auf diese Personen wird der gewöhnliche Aufenthalt auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates oder der Belegenheit aller oder eines Großteils der Vermögenswerte in dem betreffenden Staat bestimmt, ausschlaggebend, sofern die betreffenden Personen (auch) eine gewisse (erhebliche) Zeit dort verbringen. (K. Weitz, 2.2. Allgemeine Gerichtsbarkeit und subsidiäre Gerichtsbarkeit [in:] Neues Europäisches Erbrecht, Hrsg. M. Pazdan, J. Górecki, Warschau 2015).

Die oben beschriebene Regelung gilt für Erbschaften von Personen, die seit dem 17. August 2015 verstorben sind.

Rechtslage vor dem 17. August 2015

Das Erbe von früher verstorbenen Personen wird in Polen durch das Gesetz vom 17. November 1964 über die Zivilprozessordnung (d.h. Gesetzblatt von 2020, Pos. 1575 mit Änderungen) und das Gesetz vom 4. Februar 2011 geregelt. - Internationales Privatrecht (d.h. Gesetzblatt von 2015, Punkt 1792). Die Zivilprozessordnung teilt die Zuständigkeitsregeln in prozessuale und nichtprozessuale Verfahren. Dies ist für Erbschaftsangelegenheiten von Bedeutung, da ein Teil davon in Rechtsstreitigkeiten (z.B. der Fall eines vorbehaltenen Anteils) und ein anderer Teil in nichtstreitigen Verfahren (z.B. die Nachfolgeabteilung) berücksichtigt wird. Daher sollte zunächst die Art des Falles geprüft und dann das für die Verhandlung zuständige Gericht bestimmt werden.

Vererben von Immobilien in Polen

Unabhängig davon gibt es eine absolute Ausnahme, sowohl für gerichtliche als auch für außergerichtliche Verfahren: Fälle, die Immobilien betreffen. Wenn der Erblasser die Immobilien hinterlassen hat und die Immobilien Gegenstand eines Erbschaftsverfahrens ist, ist das Gericht des Landes, in dem sich die Immobilie befindet, für die Durchführung des Verfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit ergibt sich aus folgenden Artikeln:

- Artikel 11071 der polnischen Zivilprozessordnung im Abschnitt über außergerichtliche Verfahren in der geänderten Fassung: "Die ausschließliche nationale Gerichtsbarkeit umfasst Angelegenheiten, die dingliche Rechte an Immobilien und das Eigentum an Immobilien in der Republik Polen betreffen,

- Artikel 11038 der polnischen Zivilprozessordnung im Abschnitt über Gerichtsverfahren, der wie folgt lautet: "§ 1 Die ausschließliche nationale Gerichtsbarkeit umfasst Fälle über dingliche Rechte an Immobilien und den Besitz von Immobilien, die sich in der Republik Polen befinden sowie Verfahren im Zusammenhang mit Miet- und Pachtverhältnissen und anderen Beziehungen, die die Nutzung dieser Sachen betreffen, mit Ausnahme von Verfahren, die Miete und andere Abgaben im Zusammenhang mit der Nutzung oder Einziehung von Vorteilen aus diesen Sachen betreffen. § 2 Die ausschließliche nationale Zuständigkeit umfasst auch Angelegenheiten, die nicht in § 1 aufgeführt sind, soweit die Entscheidung dingliche Rechte, den Besitz oder die Nutzung von in der Republik Polen gelegenen Immobilien betrifft.

Die Sonderregeln für Eigentumsfragen basieren auf der Voraussetzung, dass alle Staaten in der Lage sein sollten, ihr Land innerhalb ihrer Grenzen selbst zu bestimmen. Dies hängt mit ihrer Souveränität und Selbstbestimmung zusammen. Es wird hier auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. Februar 1966, III CR 395/65, OSNC 1966, Nr. 11, Punkt 197, verwiesen, der die Frage der nationalen Gerichtsbarkeit in Erbschaftsangelegenheiten im Zusammenhang mit unbeweglichem Vermögen im Einzelnen zum Thema hat.

Vererben von bewegliches Vermögen

Dies bedeutet, dass die in der Einleitung zitierte EU-Verordnung sowie die anderen Grundsätze der Zivilprozessordnung nur für bewegliche Sachen (z.B. Autos, Schmuck, Kunstwerke) gelten.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Erblasser Immobilien in seinem Herkunftsland (z.B. Polen) und andere bewegliche Sachen im Land seines letzten Wohnsitzes (z.B. Deutschland) hinterlassen hat, kann sich die Frage des für die Nachlassabwicklung zuständigen Gerichts als problematisch erweisen. Dasselbe gilt für die Frage des anwendbaren Rechts, auf dessen Grundlage die Erbfolgeregelungen betrachtet werden sollten.

Sowohl das polnische Gesetz, das Internationale Privatrecht als auch die EU-Nachfolgeregelung übernehmen in der Regel den Grundsatz der sogenannten kollidierenden Einheit der Erbschaft, wonach die gesamte Erbfolge in einem nationalen Erbrecht zu regeln ist.

Für gewöhnlich bringt das Leben jedoch komplizierte Szenarien mit sich, die sich nicht mit ein paar einfachen Worten beschreiben lassen. Daher sollte eine professionelle Anwaltskanzlei konsultiert werden, bevor über die Regelung der Erbfolge von Familienmitgliedern entschieden wird.

Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar.

Berlin, Posen, Stettin, den 27.10.2020

MAJEWSKI Polnischer Anwalt