Einführung

In diesem Beitrag werden wir uns mit dem Thema der Auflösung einer polnischen GmbH befassen. Aus unserer Erfahrung ergibt sich, dass dieses Thema in bestimmten Fällen an großer Bedeutung gewinnen kann. Davon betroffen sein können nicht nur die Geschäftsführer, sondern auch die Gesellschafter. Nicht selten müssen deutsche Erben der polnischen Gesellschafter einen Ausweg aus der polnischen GmbH finden. In der Geschäftspraxis kommt es oft vor, dass sich einige Unternehmen als unrentabel erweisen. Die Gesellschaften bringen nicht die erwarteten Gewinne oder machen sogar Verluste. In einer solchen Situation stehen die Geschäftsführer vor der Notwendigkeit, Entscheidungen über die Fortführung der Geschäftstätigkeit zu treffen.

Zu unterscheiden sind drei Fallgruppen. 1) Die Auflösung der polnischen Gesellschaft nach Durchführung der Liquidation. 2) Die Löschung der polnischen Gesellschaft nach der Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Nicht in jedem Fall dürfen die Gesellschafter freiwillig die Gesellschaft nach Durchführung einer Liquidation auflösen. Falls Insolvenzgründe vorliegen, muss ein Insolvenzantrag gestellt werden. 3) Die Auflösung der Gesellschaft nach Abweisung des Insolvenzantrags.

Auflösung einer GmbH-Gesellschaft

Nach Art. 270 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften (ferner als KSH genannt) führen folgende Umstände zur Auflösung einer polnischen GmbH-Gesellschaft die Auflösung der Gesellschaft:

  1. die im Gesellschaftsvertrag genannten Gründe,
  2. ein Beschluss der Gesellschafter über die Auflösung der Gesellschaft oder über die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft ins Ausland, der in einem durch einen Notar aufgenommenen Protokoll enthalten ist,
  3. im Fall einer Gesellschaft, deren Vertrag unter Verwendung eines Mustervertrages abgeschlossen wurde, auch der Gesellschafterbeschluss über die Auflösung der Gesellschaft, der von allen Gesellschaftern mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, einer Vertrauenssignatur oder einer eigenhändigen Unterschrift versehen ist;
  4. die Insolvenzeröffnung der Gesellschaft,
  5. sonstige rechtlich vorgesehene Gründe.

Unabhängig davon, kann gemäß des Art. 21 KSH das polnische Registergericht (Handelsregister) über die Auflösung einer im Handelsregister eingetragenen Kapitalgesellschaft entscheiden, wenn:

  1. kein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen wurde,
  2. der in dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung bestimmte Tätigkeitsbereich der Gesellschaft rechtswidrig ist,
  3. der Vertrag oder die Satzung der Gesellschaft keine Bestimmungen über die Firma, den Tätigkeitsgegenstand der Gesellschaft, das Stammkapital oder die Einlagen enthält,
  4. alle Personen, die den Gesellschaftsvertrag geschlossen oder die Satzung unterzeichnet haben, bei Vornahme des Rechtsgeschäfts geschäftsunfähig waren.

Außer in den in Art. 21 KSH genannten Fällen kann das Gericht durch Urteil die Auflösung der GmbH-Gesellschaft aussprechen:

  1. auf Verlangen eines Gesellschafters oder eines Organmitglieds der Gesellschaft, wenn die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich ist oder sich andere wichtige Gründe, die durch das Gesellschaftsverhältnis hervorgerufen worden sind, ergeben,
  2. auf Verlangen eines in einem anderen Gesetz bestimmten staatlichen Organs, wenn eine rechtsverletzende Tätigkeit der Gesellschaft öffentliche Interessen gefährdet.

Im Folgenden werden wir uns nur mit der durch den Gesellschafterbeschluss bewirkten Auflösung befassen.

Die Auflösung der Gesellschaft erfolgt nach Durchführung der Liquidation mit der Löschung der Gesellschaft im Register.

Die Liquidation wird am Tag eröffnet, an dem die Gesellschafter einen Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft fassen. Ab diesem Zeitpunkt ist die Gesellschaft verpflichtet, mit der bisherigen Firma der Gesellschaft mit der Zusatzbezeichnung "in Liquidation" aufzutreten. Die Liquidatoren sind die bisherigen Geschäftsführer, soweit der Gesellschaftsvertrag oder ein Gesellschafterbeschluss nichts anderes bestimmt. Während der Liquidation dürfen keine Gewinne, auch teilweise nicht an die Gesellschafter, ausgeschüttet werden. Dies ist erst möglich, wenn alle Verbindlichkeiten beglichen worden sind. Dies betrifft auch die Verteilung des Vermögens der Gesellschaft.

Die Eröffnung der Liquidation ist innerhalb von 7 Tagen beim polnischen Registergericht (Handelsregister) anzumelden.

Die Liquidatoren geben die Auflösung und die Eröffnung der Liquidation bekannt und fordern die Gläubiger auf, ihre Forderungen innerhalb von drei Monaten ab dem Tag der Bekanntgabe anzumelden. Die Gesellschaft ist verpflichtet die Auflösung der Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen in dem Monitor Sądowy i Gospodarczy bekanntzugeben.

Die Liquidatoren müssen die laufenden Geschäfte der Gesellschaft abschließen, die Forderungen einziehen, die Schulden begleichen und das Vermögen der Gesellschaft veräußern. Neue Geschäfte dürfen sie nur dann eingehen, wenn dies zur Beendigung der laufenden Angelegenheiten notwendig ist. Immobilien dürfen im Wege der öffentlichen Versteigerung veräußert werden. Aus freier Hand jedoch nur kraft Beschlusses der Gesellschafterversammlung und zu einem Preis, der nicht niedriger ist als der durch die Gesellschafter beschlossene (Art. 282 § 1 KSH).

Die Beträge, die zur Befriedigung oder Sicherheitsleistung an die den Gesellschaftern bekannten Gläubiger erforderlich sind, die sich nicht gemeldet haben oder deren Forderungen noch nicht fällig oder streitig sind, müssen beim Gericht hinterlegt werden (Art. 285 KSH).

Die Verteilung des nach Befriedigung oder Sicherheitsleistung an die Gläubiger verbleibenden Vermögen darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten vom Tag der Bekanntmachung über die Liquidationseröffnung und der Aufforderung an die Gläubiger erfolgen.

Die Gläubiger der Gesellschaft, die ihre Forderungen nicht fristgemäß angemeldet haben und der Gesellschaft nicht bekannt waren, können die Befriedigung ihrer Forderungen aus dem noch nicht verteilten Gesellschaftsvermögen verlangen (Art. 287 § 1 KSH).

Nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung, dem Tag, der der Verteilung des nach Befriedigung oder Sicherung der Gläubiger verbleibenden Vermögens zwischen den Gesellschaftern vorausgeht (Liquidationsbericht), und nach Beendigung der Liquidation sollen die Liquidatoren den Liquidationsbericht am Sitz der Gesellschaft bekannt machen und ihn dem Registergericht zusammen mit dem Antrag auf Löschung der Gesellschaft im Register vorlegen (Art. 288 § 1 KSH).

Über die Auflösung der Gesellschaft unterrichtet der Liquidator oder der Insolvenzverwalter das zuständige Finanzamt unter Beifügung einer Abschrift des Liquidationsberichts (Art. 290 KSH).

Praxis

Die Auflösung einer Gesellschaft bedarf einer gründlichen Vorprüfung und Vorbereitung. Es handelt sich um ein komplexes Verfahren. Es sind eine Reihe an Unterlagen und Anträgen für das Registergericht vorzubereiten. Insbesondere sind die gesetzlichen Fristen zu beachten. Man muss daran denken, dass die Buchhaltung die Zeit benötigt, um die Jahresabschlüsse zu erstellen. In vielen Fälle haben die Gesellschaften seit vielen Jahren die Jahresabschlüsse nicht beim Registergericht eingereicht. In einigen Fällen verfügen die Geschäftsführer oder die Gesellschafter über keine Unterlagen, was die Auflösung der Gesellschaf erschwert.

Die oben dargestellte Thematik ist sehr umfassend. Im Falle einer Krise ist es ratsam, sich bei einem erfahrenen polnischen Gesellschaftsrechtsexperten beraten zu lassen.

Berlin, Posen, Stettin, den 12.02.2020

MAJEWSKI Polnischer Anwalt