▪ Eigentumsvorbehalt in Polen
Der Eigentumsvorbehalt ist eine vertragliche Sicherheit, die ermöglicht, die Interessen des Verkäufers einer individuellen beweglichen Sache zu schützen. Jede Sache, die individuelle Merkmale aufweist, die sie von anderen Sachen der gleichen Art unterscheiden, ist in ihrer Identität gekennzeichnet. Beispiele dafür sind Autos (mit einer individuellen VIN), Computer sowie andere elektronische Geräte (mit eigenen Seriennummern) und jeder gebrauchte Gegenstand.
Gemäß Artikel 155 § 1 des polnischen Zivilgesetzbuchs wird durch Abschluss eines Kaufvertrags über eine Sache, die hinsichtlich ihrer Identität gekennzeichnet ist, das Eigentum von dem Verkäufer auf den Käufer übertragen. Etwas anderes gilt, wenn die Parteien eine besondere Regelung hinsichtlich des Eigentumsübergangs getroffen haben. Bei einem solchen Kaufvertrag, bei dem sich der Verkäufer vorbehält, dass er Eigentümer der verkauften Sache bleibt, bis der Käufer den gesamten Preis bezahlt hat, spricht man von Verkauf unter Eigentumsvorbehalt. Dies ist in Artikel 589 des polnischen Zivilgesetzbuches geregelt. Wenn ein Kaufvertrag mit einem solchen Vorbehalt abgeschlossen wird, wird die verkaufte Sache dem Käufer übergeben, bevor er den vollen Preis bezahlt hat. Der Käufer wird jedoch bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung nur zum Besitzer der Sache und nicht auch zum Eigentümer. Dies hängt mit der sehr spezifischen Rechtslage der Kaufvertragsparteien zusammen.
Vorab ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Eigentumsvorbehalt nach polnischem Recht nicht einseitig durch den Verkäufer erklärt werden kann. Mithin ist es unwirksam, wenn der Verkäufer eine Eigentumsvorbehaltserklärung mit in die Rechnung aufnimmt, ohne das Einverständnis des Käufers zu haben (z.B. durch Unterzeichnung des Rechnungsbelegs und schriftliche Bestätigung des Vorbehalts). Der sicherste Weg ist die Aufnahme eines Eigentumsvorbehalts in einen schriftlichen Kaufvertrag über eine Sache, der dann von beiden Parteien unterzeichnet wird. Zudem kann der Eigentumsvorbehalt nur vor der Übergabe der Ware an den Käufer eintreten. Überträgt der Verkäufer ohne vorherigen Eigentumsvorbehalt gemäß Art. 155 § 1 des polnischen Zivilgesetzbuches das Eigentum an der Sache auf den Käufer, so wird der Käufer deren Eigentümer. Dann ist der spätere Eigentumsvorbehalt unwirksam. Wenn der Verkäufer seine Interessen als Vorbesitzer der verkauften Sache ordnungsgemäß schützen will, ist es daher wichtig, dass der Kaufvertrag eindeutig formuliert und ordnungsgemäß abgeschlossen wird.
Darüber hinaus ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass der Eigentumsvorbehalt an der verkauften Sache nur zwischen Verkäufer und Käufer wirksam ist. Wenn der Käufer die Sache unrechtmäßig weiterverkauft, erwirbt der nachfolgende Käufer, wenn er in gutem Glauben handelt, das Eigentum ungeachtet des bestehenden Eigentumsvorbehalts des ursprünglichen Verkäufers.
▪ Veruntreuung und Unterschlagung in Polen
Daher muss sich der Käufer einer Sache mit Eigentumsvorbehalt über die damit verbundenen Risiken im Klaren sein. Bis zur Zahlung des Gesamtpreises ist er nur Besitzer einer Sache, die im Eigentum eines anderen steht. Dies bedeutet, dass er in der Regel nicht berechtigt ist, über die Sache zu verfügen, d.h. sie zu verkaufen, zu verpfänden oder an eine andere Person zu übereignen (z.B. zu vermieten). Jedes Verhalten des Käufers, das den Eindruck erweckt, dass er mit der gekauften Sache so umgeht, als ob er sie bereits in seinem Eigentum steht, kann als Veruntreuung im Sinne des polnischen Strafgesetzbuches betrachtet werden.
Der Straftatbestand der Unterschlagung, der in Artikel 284 § 2 des polnischen Strafgesetzbuches definiert ist, besteht im Wesentlichen in der Verfügung über eine bewegliche Sache oder eines Vermögensrechts eines anderen unter Ausschluss des Rechtsinhabers. Das bedeutet, dass der Täter Handlungen vornimmt, die darauf hindeuten, dass er das Vermögen eines anderen so behandelt, als wäre es sein eigenes. Dies kann z.B. die Durchführung einer gründlichen Renovierung, das Verkaufen oder Umwandeln der Sache umfassen. Wenn der Verkäufer in einer solchen Situation das Verhalten des Käufers offenlegt, das darauf hindeutet, dass er die gekaufte Sache so behandelt, als hätte er das Eigentum daran bereits erworben, kann er bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen einer Straftat erstatten, die von einer illoyalen Gegenpartei begangen wurde.
In der oben beschriebenen Situation kann ein Käufer auch für die Begehung eines Betrugsdeliktes nach Artikel 286 § 1 des polnischen Strafgesetzbuches angeklagt werden, wenn er von Anfang an nicht die Absicht hatte, den Preis für die gekaufte bewegliche Sache zu bezahlen. Dann wird die Straftat nach Artikel 284 § 2 des Strafgesetzbuches in die Straftat nach Artikel 286 § 1 des polnischen Strafgesetzbuches einbezogen (Urteil des Oberlandesgericht Warschau vom 23. Januar 2020, Az. II AKa 223/18).
Dies bedeutet, dass die mögliche strafrechtliche Haftung des illoyalen Käufers von seinem Vorsatz zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags abhängt.
Wenn der Käufer, nachdem er den Kaufgegenstand unter Eigentumsvorbehalt gutgläubig in Besitz genommen hat, etwas geschieht, was ihn an der Zahlung des Kaufpreises hindert, er aber dennoch über die Sache verfügt, als ob sie ihm gehöre, kann er nach Artikel 284 § 2 des Strafgesetzbuches wegen Unterschlagung angeklagt werden. Das Gesetzbuch sieht für dieses Vergehen eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vor.
Hatte der Käufer hingegen von Anfang an nicht die Absicht, den Preis an den Verkäufer zu zahlen und war es sein Ziel, Herrschaft über die Sache zu erlangen und dann unrechtmäßig darüber zu verfügen, so erfüllt er die Tatbestandsmerkmale des Betruges nach Artikel 286 § 1 des Strafgesetzbuches. Der Strafrahmen umfasst eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 8 Jahren.
Zusammenfassend ist zu beachten, dass der Verkauf einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt - theoretisch vorteilhaft für beide Parteien aufgrund der Sicherung der Ansprüche des Verkäufers und der günstigeren Bedingungen für den Käufer - weitreichende rechtliche Folgen für beide Vertragsparteien haben kann.
Um Probleme zu vermeiden, sollte der Verkäufer sein Recht sichern, indem er einen Vertrag mit Eigentumsvorbehalt ordnungsgemäß und professionell abschließt. Der Käufer hingegen sollte sich genau über seine Rechte und Pflichten als Besitzer eines noch im fremden Eigentum stehenden Gegenstandes - bis er den vollen Preis bezahlt hat - informieren.
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Der Artikel bezieht sich auf das polnische Recht. Jede Sache hat einen individuellen Charakter und bedarf vorab eine Prüfung des Sachverhalts.
Posen, Stettin, Berlin, den 06.07.2020
MAJEWSKI Polnischer Anwalt