Obwohl sich in den letzten Jahren sehr viel Richtung der Vereinfachung des Insolvenzverfahrens im polnischen Insolvenzrecht geändert hat, bleibt die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren in Polen vor allem für die ausländischen Gläubiger eher kompliziert.

Die Forderungsanmeldung in einem Insolvenzverfahren entspricht hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Klageerhebung. Da die Forderungsanmeldung gleichzeitig ein Schriftsatz ist, soll den in den Art. 239 und 240 des polnischen Gesetztes über Insolvenzrecht angezeigten Anforderungen entsprechen. Zusätzlich finden zur Forderungsanmeldung die Vorschriften des Art. 126 und weitere der polnischen Zivilprozessordnung (KPC) eine entsprechende Anwendung. Im Vergleich zu einer Forderungsanmeldung in Deutschland sind die unterscheide schon erheblich. Die deutschen Insolvenzverwaltern senden den polnischen Gläubigern die Formulare zur Forderungsanmeldung auf Englisch und ein Informationsblatt sogar auf Polnisch. In letzter Zeit gewähren die deutschen Insolvenzverwalter die Möglichkeit, eine Forderung im Insolvenzverfahren Online anzumelden. Dies erleichtert die Forderungsanmeldung und spart die Kosten der Beauftragung eines Anwalts. In Polen wurde hingegen ab 1. Januar 2016 einen einheitlichen Formular der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren eingeführt. Die Ausfüllung des Formulars kann schwer sein. Vor allem soll der Gläubiger die Forderung einer bestimmten Kategorie einordnen. Dazu trägt er Darlegungs- und Beweislast. Die Forderung soll von dem Gläubiger nachgewiesen werden. Die Forderung soll eine Begründung enthalten.

Anders als in Deutschland ist die Insolvenzforderung einem Insolvenz-Richter in Polen angemeldet. Der Insolvenz-Richter prüft, ob eine Forderungsanmeldung der formellen Anforderungen entspricht. Falls die Forderungsanmeldung der Anforderungen aus den Art. 239 und 240 entspricht, leitet der Insolvenz-Richter den Abschrift der Forderungsanmeldung, jedoch nicht später als innerhalb von zwei Wochen, an Insolvenzverwalter umgehend weiter (Art. 241 des polnischen Gesetztes über Insolvenzrecht).

Der Insolvenzverwalter prüft, ob die angemeldete Forderung in den Bücher und anderen Unterlagen des insolventen Schuldner oder im Grundbuch und anderen Register eine Bestätigung findet, und fordert den insolventen Schuldner auf, ob er die Forderung anerkennt (so nach Art. 243 Abs.1 des polnischen Gesetztes über Insolvenzrecht).

Die Insolvenztabelle ist von einem Insolvenzverwalter erstellt. In Polen heißt die Insolvenztabelle die Gläubigerliste. Eine erstellte Insolvenztabelle wird an Insolvenz-Richter weiterleitet. Die Insolvenztabelle ist in dem öffentlichen Blatt Monitor Sądowy i Gospodarczy veröffentlich. Ab 01.02.2018 wird die Insolvenztabelle – Gläubigerliste in dem Register veröffentlich.

Außer der Forderungsanmeldung ist die Prüfung, ob die Insolvenztabelle veröffentlich wurde, die zweite wichtigste Aufgabe eines Gläubigers. Innerhalb von zwei Wochen ab der Veröffentlichung nach Art. 256 Abs. 2 darf der Gläubiger dem Insolvenz-Richter einen Widerspruch gegen:

  1.  Anerkennung der Forderung – falls sich der Gläubiger an der Insolvenztabelle befindet;
  2.  Absage der Anerkennung der Forderung – falls die Forderung nicht festgestellt wurde.

Ein Widerspruch entspricht Erhebung der Klage und eröffnet das Verfahren, das einem streitigen Verfahren entspricht. In den komplexen Sachen, wie z.B. Bausachen, wird in der Regel von dem Gericht ein normales Beweisverfahren durchgeführt. Unserer Erfahrung nach sind viele nicht vom Insolvenzverwalter anerkannten Forderungsanmeldungen dadurch erledigt, dass die Gläubiger in dem festgesetzten Zeitraum von zwei Wochen ab der Veröffentlichung keine Widerspruch eingelegt haben.

Da das Insolvenzverfahren der regelmäßigen Änderungen in Polen unterliegt, ist eine professionelle Unterstützung von einem Anwalt notwendig.

Posen, Stettin, Berlin, den 11.09.2017

Paweł Majewski, LL.M. (Universität Potsdam)
Radca Prawny / Polnischer Anwalt (Mitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin)